Was ist
heute los in … ?
Gespräche über den Osten Europas
Eine Veranstaltungsreihe im Jahr
2022
© Fotos: Carmen Laux
Was geht vor im Osten Europas? Die Nachrichten über den Krieg in der Ukraine
begleiten uns täglich. Die Aufmerksamkeit und das Interesse sind augenblicklich
groß, weil die Ereignisse dramatisch sind. Doch schwenkt unser Blick nur
dorthin, wenn Unruhen herrschen oder wie jetzt gar ein Krieg wütet? Ist der
Osten für uns ansonsten ein großer blinder Einheitsfleck? Was wissen wir
konkret über einzelne Länder?
Diese Veranstaltungsreihe, die noch
vor Ausbruch des Krieges konzipiert wurde, versucht den Blick mit Bedacht auf
Länder zu lenken, über die wir gemeinhin recht wenig bis gar nichts wissen bzw.
vor allem Dinge, die unmittelbar mit unserer eigenen Lebenswirklichkeit
verbunden sind.
Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine
hat sich bekanntlich vieles verändert, neben dem politischen Gefüge z.B. die
Debatte über die künftige Energieversorgung und die Einstellung dazu, wie die
Bundesrepublik in Zukunft militärisch aufgestellt sein will. Auch möchte man plötzlich
meinen, Europa hätte sich ein Stück in Richtung Osten verschoben. Vielleicht
wird uns jetzt bewusst, wie wenig wir wussten und noch immer wissen.
Aus Rumänien, Albanien, aus
Bulgarien und Polen kommen seit Jahren Arbeitskräfte zu uns ins Land, um in der
Fleischindustrie, in der Pflege und in der Ernte zu helfen. Für unsere
Gesellschaft bedeutet das Entlastung, die Sicherung vieler Arbeitsbereiche und
Spargel satt zur Maienzeit. Was aber heißt diese saisonbedingte oder gar
dauerhafte Abwanderung für die Bevölkerung dieser Länder und die Strukturen der
dortigen Gesellschaften? Welche Debatten finden statt? Welche Entwicklungen und
Veränderungen sind im Gange? Was bestimmt den Alltag? Worüber berichtet die
Presse? Welche Literatur entsteht?
Selbstverständlich werden auch
Fragen diskutiert, die in Verbindung mit dem Krieg in der Ukraine stehen. Was
bedeutet es beispielsweise für ein Land wie die Republik Moldau, die als eines
der ärmsten Länder Europas gilt, an der eigenen Bevölkerung gemessen prozentual
so viele Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen wie kein anderes?
Zum Gespräch über diese und andere Fragen laden wir zum Dialog in der Reihe Was
ist heute los in … ? – Gespräche über den Osten Europas. Diskutieren wollen
wir mit Übersetzern und Übersetzerinnen, die dem Land und der Sprache oft über
Jahre hinweg eng verbunden und mit der Geschichte, Literatur und den
kulturellen Codes ebenso vertraut sind wie mit den Geschehnissen im Hier und
Jetzt.
Folgenden Ländern wird dabei ein Podium gewidmet sein:
Slowakei
Bulgarien
Rumänien
Albanien
Ungarn
Nordmazedonien
Polen
Republik Moldau
Die Reihe startet am 31. Mai 2022 mit einem Abend über die Slowakei.
Die deutsche Bezeichnung "Slowakei" taucht erstmals in einer Petition
an den österreichischen Kaiser im Jahr 1849 auf. Die slowakische Landesbezeichnung
‚Slovensko‘ wiederum ist seit dem 15. Jahrhundert schriftlich belegt und geht
zurück auf die Selbstbezeichnung aller Slawen, der Sloveni. Zwei Drittel des
Territoriums der Slowakei werden vom Hochgebirge der Karpaten durchzogen, und
als einzige Hauptstadt der Welt (!) grenzt das im Südwesten des Landes gelegene
Bratislava an mehr als ein Nachbarland - an Ungarn und Österreich. Über das,
was das Land dieser Tage beschäftigt und umtreibt, diskutieren die
deutsche Übersetzerin Marie Cermann und der slowakische Übersetzer und
Literaturwissenschaftler Juraj Dvorský. Es moderiert Ralf Pannowitsch.
Marie-T. Cermann, geboren 1980, absolvierte nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Slowakei und studierte anschließend Übersetzen für Slowakisch, Französisch und Portugiesisch in Leipzig, Frankreich und Brasilien. Sie übersetzte unter anderem die slowakischen Autor*Innen Balla, Ivan Medeši und Ivana Gibová.
Juraj Dvorský, geboren 1972 in Ružomberok, Slowakei, istDozentund Übersetzer. Er arbeitet am Lehrstuhl für Germanistik an der Katholischen Universität in Ružomberok. Aus dem Deutschen übersetzte er u. a. Daniel Kehlmann und Thomas Bernhard.
Ralf Pannowitsch, geboren 1965 in Greifswald, lebt heute als Übersetzer, Lehrer und Gärtner in Leipzig. Er übersetzt aus dem Französischen (u.a. François Lelord, Karine Tuil, Jean-Christophe Rufin) und Englischen (u.a. Randall Munroe).
Eintritt: 5,- / 3,- EUR. Anmeldung unter 0341 30 85 10 86 oder
tickets@literaturhaus-leipzig.de
Eine Veranstaltung des Sächsischen Übersetzervereins Die Fähre e.V., gefördert
vom Deutschen Übersetzerfonds im Rahmen des Programms Neustart Kultur der
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Weiter geht’s am
15. Juni
2022: Was ist heute los in … Bulgarien?
Aus Bulgarien kommen seit Jahren
Arbeitskräfte zu uns ins Land, um in der Fleischindustrie, in der Pflege und in
der Ernte zu helfen. Für unsere Gesellschaft bedeutet dies Entlastung, die
Sicherung vieler Arbeitsbereiche und Spargel satt zur Maienzeit. Was aber heißt
diese saisonbedingte oder gar dauerhafte Abwanderung für die Bevölkerung im
Land selbst und für die dortige Gesellschaft? Welche Debatten finden statt? Was
bestimmt den Alltag? Worüber berichtet die Presse? Welche Literatur
entsteht?
Über das, was das Land dieser Tage
beschäftigt, diskutieren die bulgarische Übersetzerin und
Literaturwissenschaftlerin Violeta Vicheva und der deutsche Übersetzer Andreas
Tretner. Es moderiert Anja Kapunkt.
Violeta
Vicheva (35), lebt in Sofia, Bulgarien als freie Übersetzerin und
Literaturwissenschaftlerin, Teilzeitdozentin für Übersetzung und
deutschsprachige Literatur an der Sofioter Universität; übersetzt Kinder- und
Jugendliteratur, Sachbücher und Romane aus dem Deutschen, u.a. von Alice Pantermüller und Iris Wolff.
Andreas Tretner, geboren
1959 in Gera. Übersetzerstudium in Leipzig. War Lektor im Reclam-Verlag,
Literaturkritiker für MDR Kultur, Kinderradiomacher, Mitgründer von Radio Blau.
Heute freier Literaturübersetzer aus dem Russischen, Bulgarischen, manchmal
Tschechischen, Herausgeber und Publizist, betreibt übersetzerbiografische
Recherchen, lebt in Berlin.
Anja Kapunkt ist in
Norddeutschland geboren und aufgewachsen. Sie hat in Berlin und New York
studiert und mehrere Jahre in Paris gelebt. Heute arbeitet sie als Übersetzerin
aus dem Französischen und Englischen ins Deutsche und als Fotografin.
und
4. Juli 2022: Was ist heute los in … Ungarn?
Mit dem Ausgang der Wahlen in diesem
Frühjahr setzt Ungarn einen politischen Weg fort, der das Land von dem entfernt,
wofür die Europäische Union stehen will. Bekanntlich ändern sich die Zeiten: Galt
Ungarn vor dem Fall der Mauer als ein Land voller Freiheiten, als ein Land im
Osten, in dem die Verheißungen des Westens greifbar waren, repräsentiert es
heutzutage eher eine Abkehr von Weltoffenheit und Toleranz. Was bedeutet das
für Ungarn? Was bedeutet es für Europa? Welche Debatten finden statt? Welche
Entwicklungen und Veränderungen sind im Gange? Was bestimmt den Alltag? Worüber
berichtet die Presse? Welche Literatur entsteht?
Darüber diskutieren die deutsche Übersetzerin Timea Tankó und der ungarische
Übersetzer László Győri. Es moderiert Patricia Klobusiczky.
Timea Tankó, 1978 geboren,
verbrachte ihre Kindheit in Ungarn und Deutschland. Sie studierte Übersetzen
Französisch, Spanisch und Kulturwissenschaften an der Universität Leipzig. Seit
2003 arbeitet sie als literarische Übersetzerin aus dem Ungarischen (u.a.
István Kemény, Andor Endre Gelléri und Ádám Bodor) und Französischen. Für ihre
Übersetzung Apropos Casanova von Miklós Szentkuthy erhielt sie 2021 den
Preis der Leipziger Buchmesse.
László Győri geboren 1954 in
Budapest. Studium an der Budapester Eötvös-Loránd-Universität. Von 1981 bis
2011 war er Mitarbeiter des (öffentlich-rechtlichen) Ungarischen Rundfunks und
arbeitete auch fürs Fernsehen, sowie diverse kulturelle Zeitschriften. László
Győri ist heute hauptsächlich als Übersetzer tätig, u.a. von Günter Grass,
Robert Menasse und Lutz Seiler.
Patricia Klobusiczky, 1968 als
Tochter eines Ungarn und einer Französin in Berlin geboren,
war lange als Lektorin bei
Rowohlt und Rowohlt Berlin tätig, dort mit einem Schwerpunkt
auf Literatur aus dem Osten
Deutschlands und Europas. Seit 2006 ist sie freiberuflich
tätig, als Übersetzerin
(Englisch/Französisch), Dozentin und Moderatorin.
30. August 2022: Was ist
heute los in … Polen?
Katholisch und konservativ. Verfechter
eines für europäische Verhältnisse restriktiven Abtreibungsgesetzes. Einer der
engsten Verbündeten der Ukraine im Krieg gegen Russland. Derlei Schlagzeilen etwa zeichnen
derzeit das Bild von unserem Nachbarland. Vor wenigen Monaten noch
verteidigte Polen vehement die EU-Außengrenze gegen syrische Flüchtlinge, die
über Belarus ins Land kommen wollten, und wird nun weltweit für seine humanitäre
Hilfe gegenüber ukrainischen Flüchtlingen gelobt.
Was bedeutet das für Polen? Was
bedeutet es für Europa? Welche Debatten im Land finden statt? Welche
Entwicklungen und Veränderungen sind im Gange? Was bestimmt den Alltag? Worüber
berichtet die Presse? Welche Literatur entsteht?
Darüber diskutieren die deutsche
Übersetzerin Lisa Palmes und die polnische Übersetzerin Elżbieta Kalinowska.
Lisa Palmes übersetzt
seit 2008 polnische Literatur u.a. von Joanna Bator, Olga Tokarczuk, Filip
Springer, Lidia Ostałowska, Justyna Bargielska ins Deutsche. Zudem organisierte
sie in Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Buchbund in Berlin
verschiedene Gesprächsreihen mit polnischen Schriftsteller*innen.
Elżbieta Kalinowska
(geb. 1972), Übersetzerin, Lektorin, Verlegerin, studierte Germanistik an der
Jagiellonen-Universität in Krakau und an der Universität zu Köln. Einen
Schwerpunkt ihrer Übersetzungen bilden Werke von Autoren mit
Migrationshintergrund, u.a. Zsuzsa Bánk, Olga Grjasnowa, Sherko Fatah, Feridun
Zaimoglu oder Terézia Mora. 2012 wurde sie mit dem Förderpreis der
Kunststiftung NRW ausgezeichnet und 2022 mit dem Karl-Dedecius-Preis.
21. September 2022: Was ist heute
los in … Rumänien?
Rumänien liegt in der Übergangszone zwischen Mittel-, Süd- und Osteuropa. Die
Landessprache ist keine Slawische, sondern verwandt mit dem Italienischen und
Französischen und anderen romanischen Sprachen. In einigen Gebieten des Landes
wird historisch Deutsch gesprochen wie im Barnat und in Siebenbürgen. Es ist
also ein Land, in dem sich zahlreiche sprachliche und kulturelle Einflüsse
mischen. Was bedeutet das heute für Rumänien? Was bedeutet es für Europa?
Welche Debatten im Land finden statt? Welche Entwicklungen und Veränderungen
sind im Gange? Was bestimmt den Alltag? Worüber berichtet die Presse? Welche
Literatur entsteht?
Darüber
diskutieren die deutsche Übersetzerin Eva Ruth Wemme und die rumänische Übersetzerin
Corina Bernic-Heiberger. Es moderiert Jan Schönherr.
Eva
Ruth Wemme lebt mit ihrer Familie in Berlin, ist studierte
Literaturwissenschaftlerin, arbeitete als Schauspieldramaturgin,
übersetzt Literatur aus dem Rumänischen, schreibt und arbeitet
nebenher als Gestalttherapeutin.
Corina
Bernic-Heiberger, 1981 in Iasi, Rumänien, geboren. Seit 2005 arbeitete sie als
Journalistin und Kulturmanagerin beim rumänischen öffentlich-rechtlichen
Fernsehen, ab 2007 als Abteilungsleiterin des Buchzentrums beim Rumänischen
Kulturinstitut Bukarest und 2010-2011 als Kulturmanagerin der
Robert-Bosch-Stiftung. Sie lebt in Berlin und ist seit 2020 im Haus der
Demokratie und Menschenrechte als Veranstaltungsmanagerin tätig.
Jan Schönherr
hat in München und Poitiers Philosophie und Literaturwissenschaften studiert.
Heute lebt er als literarischer Übersetzer in München und hat z.B. Autor*innen
wie Jack Kerouac, Jacques Poulin und Michelle Obama übersetzt.